Recap zu Montag, 20. Oktober 2025 -> Ein ganz normaler Montagmorgen. Ihr wollt gerade eure Duolingo-Streak checken, schnell eine Runde Fortnite zocken oder bei Starbucks mit der App bezahlen. Doch dann: Nichts geht mehr. Willkommen beim vermutlich größten Internetausfall des Jahres!
Was ist eigentlich passiert?
Gegen 3 Uhr morgens (ET) für uns in Europa war es bereits heller Tag, hat es Amazon Web Services (AWS) heftig erwischt. Und wenn wir „heftig“ sagen, meinen wir: über 1.000 Dienste gleichzeitig offline. Kein Witz. Das Internet hatte quasi einen kollektiven Herzinfarkt.
Das Epizentrum? Das AWS-Rechenzentrum in Northern Virginia, liebevoll auch US-EAST-1 Region genannt. Klingt unspektakulär, ist aber einer der wichtigsten digitalen Knotenpunkte der Welt. Als dort die DNS-Auflösung (also quasi das Telefonbuch des Internets) den Geist aufgab, ging es Schlag auf Schlag: DynamoDB – eine der zentralen Datenbanken von AWS – machte dicht, gefolgt von EC2 (virtuelle Server) und S3 (Speicher).
Die Hall of Shame: Wer war alles betroffen?
Die Liste liest sich wie ein Who’s Who der digitalen Welt:
Social Media & Messaging:
- Snapchat (ups, da gehen die Streaks flöten!)
- Signal (ausgerechnet die „sichere“ Alternative)
Gaming:
- Fortnite
- Roblox
- Pokémon GO
- Duolingo (RIP eure Learning-Streaks?)
Finanzdienstleister:
- Robinhood
- Venmo
- Coinbase (Krypto-Trader im Panikmodus)
Und noch viel mehr:
- Amazon selbst (die Ironie!)
- Alexa & Ring
- United und Delta Airlines
- Canva
- ChatGPT
- Starbucks-App
- Adobe Creative Cloud
- Sogar The New York Times Games
Selbst Universitäten wie Rutgers meldeten Probleme mit Canvas, Zoom und Grammarly. Kurzum: Chaos pur.
Warum ist ein Ausfall so dramatisch?
Hier wird’s interessant: AWS ist nicht einfach nur ein Cloud-Anbieter unter vielen. Mit etwa 30% Marktanteil ist Amazon quasi das unsichtbare Gerüst, das einen Großteil des Internets trägt. Wenn AWS niest, bekommt das halbe Internet eine Erkältung.
Das Problem ist die zentrale Abhängigkeit. Tausende Unternehmen mieten sich bei AWS ein – sie nutzen deren Rechenpower, Speicher und Datenbanken. Klingt praktisch, ist es auch. Bis zu dem Moment, wo genau diese zentrale Stelle ausfällt. Dann steht alles still.
Experten schätzen, dass der finanzielle Schaden dieses Ausfalls in die Hunderte Milliarden Dollar gehen könnte. Nicht weil AWS selbst so viel verliert, sondern weil all die betroffenen Unternehmen stundenlang kein Geschäft machen konnten.
Was war die Ursache?
Amazon gab an, dass ein Software-Update für DynamoDB einen Fehler enthielt. Dieser Fehler löste dann eine Kettenreaktion aus. Immerhin: Es war kein Cyberangriff oder Hackerangriff, sondern „nur“ menschliches Versagen bzw. ein technischer Fehler.
Ein Sicherheitsexperte brachte es auf den Punkt: „Meistens ist es keine Militäroperation oder Spionage. Meistens ist es einfach menschliches Versagen.“
Die lustige Seite: Elon musste natürlich auch seinen Senf dazugeben
Während das halbe Internet am Boden lag, konnte sich Elon Musk mal wieder nicht zurückhalten. Sein Kommentar zu einem Post über den Ausfall? „Not us.“
X (ehemals Twitter) lief tatsächlich weiter – vermutlich, weil Musk nach der Übernahme die Abhängigkeit von AWS reduziert hat. Er nutzte die Gelegenheit natürlich gleich, um die neue Chat-Funktion von X als Alternative zu Signal zu bewerben. Marketing at its finest!
Timeline: Vom Ausfall zur (Teil-)Lösung
- ~3:00 Uhr ET: Die ersten Fehler tauchen auf
- ~7:00 Uhr GMT: Der Ausfall erreicht seinen Höhepunkt
- Vormittags: Amazon arbeitet auf „mehreren parallelen Wegen“ an der Lösung
- ~13:00 Uhr ET: Die Hauptprobleme sind behoben
- Abends: Die meisten Dienste laufen wieder, aber einige User melden noch Verzögerungen
Der Ausfall dauerte also etwa sechs Stunden in seiner vollen Intensität. Für viele von uns fühlte es sich vermutlich länger an.
Was lernen wir daraus?
Dieser Ausfall hat uns allen wieder schmerzlich vor Augen geführt: Das Internet ist fragiler als wir denken. Die gesamte digitale Infrastruktur hängt an wenigen großen Anbietern – AWS, Microsoft Azure, Google Cloud. Wenn einer dieser Giganten strauchelt, stürzt ein riesiger Teil des Internets mit ab.
Die Lösung? Diversifikation. Experten fordern schon lange, dass Unternehmen ihre Services auf mehrere Cloud-Anbieter verteilen sollten. Multi-Cloud-Strategien nennt sich das im Fachjargon. Klingt teuer und kompliziert? Ist es auch. Aber wahrscheinlich immer noch günstiger als stundenlange Ausfälle.
Die große Frage bleibt: Warum gibt es keine sofortige Redundanz? Warum kann ein so kleines, lokalisiertes Problem solche globalen Auswirkungen haben? Das sind Fragen, die sich die Tech-Industrie dringend stellen muss.
TL:DR
Der AWS-Ausfall vom 20. Oktober 2025 wird in die Geschichtsbücher der größten Internet-Pannen eingehen. Er hat gezeigt, wie abhängig wir von wenigen Tech-Giganten sind und wie schnell unser digitales Leben zum Stillstand kommen kann.
Für die meisten von uns war es ein nerviger Montag mit Duolingo-Streak-Verlust und verpassten Fortnite-Sessions. Für die Tech-Welt war es ein weiterer Weckruf, dass wir dringend über Alternativen zur aktuellen zentralisierten Cloud-Infrastruktur nachdenken müssen.
Bis dahin heißt es: Daumen drücken, dass AWS beim nächsten Software-Update besser aufpasst. Und vielleicht sollten wir uns alle überlegen, ob wir nicht doch noch ein paar analoge Backup-Pläne brauchen. Ihr wisst schon, für den Fall der Fälle.
Eure Duolingo-Streaks wurden übrigens nicht zurückgesetzt. Duolingo war gnädig. Anders als AWS. ⁇