Cooler Artikel zum Wochenende auf golem.de: Die OGs des Gaming-Himmels. Oder wie ein paar Würfel die Videospielwelt für immer verändert haben.
Und so geschah eh, dass ein simples Hobbyprojekt von Fans mal eben die gesamte Gaming-Industrie umkrempelt. Richtig gelesen, genau das ist passiert, als Dungeons & Dragons (kurz D&D) in den 70ern auf den Plan trat.
Gary Gygax und Dave Arneson haben 1974 nicht nur ein Pen & Paper erfunden, sie haben einen Meta-Standard geschaffen. Plötzlich waren wir nicht mehr nur Generäle in Miniatur-Kriegsspielen, sondern Krieger, Magier, Elfen und Halblinge! Wir kämpften gegen fiese Orks, warfen Fireball auf Level-4-Hobgoblins und sammelten Loot in den berühmt-berüchtigten, namensgebenden Dungeons.
Das Geile daran: Alles, was wir brauchten, waren Stifte, Papier, ein paar weird geformte Würfel und massig Fantasie.
Tja, und weil echte Nerds etwas nur mit Stift und Papier nicht lange aushalten, dachten sich einige von ihnen: „Das muss auf den Computer!“
Enter the Dungeon: Die ersten digitalen XP-Grinder
Kaum war D&D da, gab’s 1975 schon die ersten inoffiziellen Solo-Games. Einer der Pioniere war Pedit5 (eigentlich The Dungeon). Der Name ist schon nerdig: Das Spiel lief im fünften Speicherplatz (Pedit5) einer Uni-Gruppe in Illinois.
Programmiert hat das Teil Reginald „Rusty“ Rutherford auf einem Plato-Terminal. Plato war eigentlich ’ne Lernplattform, aber wer braucht schon Bildung, wenn man Monster kloppen kann, oder? 😉
HP, Level & Attribute: Der Goldstandard war geboren!
Pedit5 war simpel: Du erstellst einen Charakter mit Werten wie Stärke und Intelligenz, wagst dich in einen Dungeon und sammelst Erfahrungspunkte (XP) und Schätze.
Und hier kommt die Magie:
- Charakter-Level: Genug XP? Level up! Du wirst stärker.
- Hit Points (HP): Dein Lebensbalken. 0 HP = Game Over. (oder zumindest wirst Du bewusstlos).
- Attribute: Brauchst du als Krieger Stärke? Oder als Dieb Geschicklichkeit?
Rusty Rutherford bestätigte 2008: Ja, all diese Mechaniken stammen direkt aus dem D&D-Regelwerk!
Heute ist das völlig normal, aber damals war das bahnbrechend! Egal ob Ultima, Wizardry, Dragon Quest oder Final Fantasy, sie alle bauten auf diesem Fundament auf. HP, XP und Level sind so universell, dass du sie sogar in Minecraft (XP!) oder Starcraft (HP!) findest.
Orange ist eine warme Farbe (aber die Monster sind kaltblütig)
Die Grafik von Pedit5 war… naja, rudimentär. Einfache Symbole und Linien in warmem Orange auf pechschwarzem Hintergrund. Typisch für die Plasma-Bildschirme der Plato-Systeme.
Trotzdem war das Spiel der Hit! An der Southern Illinois University (SIU) wurde es so oft von den Admins gelöscht, dass die Studenten Gary Whisenhunt und Ray Wood genervt waren und beschlossen: „Wir werden Sysadmins und machen unser eigenes Ding!“
Das Spannende an Pedit5: Der Dungeon war zufallsbasiert. Mal gab’s viel Loot und leichte Mobs, mal standest du plötzlich vor einem fast unbesiegbaren Drachen der Stufe 6! Dieses Prozedurale Design legte den Grundstein für spätere Legenden wie Rogue (1980) oder Diablo in den Neunzigern.
Die Dungeons waren perfekt für Computer-Games: eng, klare Ziele („Komm mit den Schätzen lebend raus!“) und eine steigende Gefahr-vs.-Loot-Kurve.
The Game of Dungeons alias „dnd“ –> Achtung, Bossgegner voraus!
1975 kam dann das nächste Highlight: The Game of Dungeons, bekannt unter seinem Dateinamen dnd (die alternative Schreibweise für D&D im US-Raum).
Programmiert von unseren Sysadmin-Helden Whisenhunt und Wood, ebenfalls auf Plato. Hier erstellst du deinen Char (mit Weisheit und Geschicklichkeit) und tauchst in den Whisenwood Dungeon ab.
Das Killer-Feature: Endlich konntest du den Dungeon verlassen, um deinen Spielstand zu speichern! Tschüss, Frust wegen plötzlichem Logout-Tod!
Aber die größte Innovation? Wenn man dem Game-Experten Daryl Baxter glauben darf, haben Whisenhunt und Wood hier den Bossgegner erfunden!
Um den magischen Gegenstand „The Orb“ zu bekommen, musstest du einen goldenen Drachen besiegen. Der hatte krasse Werte, war aber (und das war den Programmierern wichtig) schaffbar. Kein unfairer Arcade-Schrott, der dich einfach nur frustrieren sollte. Ein echter Boss-Kampf!
Das digitale Erbe lebt!
In den 70ern entstanden noch viele weitere Hobby-RPGs, aber Pedit5 und dnd sind die bekanntesten.
Die Ironie: Der offizielle D&D-Verlag TSR (Tactical Studies Rules Inc.) hat das Potenzial der digitalen Lizenzen mega spät gecheckt. Erst 1988 kam mit Pool of Radiance das erste offizielle Game. Das war der Start einer langen, 30 Spiele umfassenden Zusammenarbeit mit Strategic Simulations, Inc. (SSI).
Heute wissen wir: D&D taugt immer noch für spannende Spiele! Schaut euch nur den Erfolg von Baldur’s Gate 3 an (wo der Fireball übrigens immer noch rockt!).
Der Einfluss dieser Pen-&-Paper-Pioniere ist unbestreitbar. Ob die Ur-Entwickler von Ultima & Co. die Plato-Spiele kannten oder einfach selbst D&D zockten, ist vielleicht schwer zu sagen. Aber fest steht: Charakterstufen, Hit Points und Dungeons haben die digitale Spielewelt für immer geerdet.
Danke, Gygax und Arneson! Und danke, ihr Hobby-Programmier-Nerds!
Heute mal kein TL:DR, sondern die Empfehlung, lest euch ruhig den kompletten Artikel auf der Quelle: Golem.de durch, es lohnt sich!