Habt ihr in den letzten Wochen/Monaten schon die Preissteigerungen gespürt? Plant ihr trotzdem ein Upgrade oder wartet ihr ab?
Wenn ihr nicht alles ignoriert, habt ihr es sicher schon bemerkt: Die Zeiten günstiger Speicher-Upgrades sind vorerst vorbei. Wer in den letzten Wochen nach DDR5-RAM, SSDs oder sogar klassischen Festplatten geschaut hat, wurde mit einem bösen Erwachen konfrontiert. Alle Preise schießen durch die Decke und zwar massiv. Was vor einem Jahr noch erschwinglich war, kostet heute mindestens 25, teilweise sogar 100 Prozent mehr. Doch warum wird gerade jetzt alles so teuer? Schauen wir uns die Hintergründe dieser beispiellosen Entwicklung genauer an.
Die Preis-Achterbahn: Von günstig zu absurd teuer
Erinnert ihr euch noch an die goldenen Zeiten Anfang 2024 und im ersten Quartal 2025? Ein 16-GB-DDR5-5600-Riegel war schon ab 45 Euro zu haben. Heute? Mindestens 70 Euro, Tendenz weiter steigend. Bei DDR4 ist die relative Steigerung sogar noch krasser hier sprechen wir teilweise von Verdreifachungen der Preise.
Ein anderes Beispiel: Ein gängiges 32-GB-DDR5-Kit (2×16 GB) kostete im Juli 2025 noch rund 125 Euro. Im Oktober waren es bereits über 200 Euro. Das ist ein Preisanstieg von 60 Prozent in nur drei Monaten! Und manche High-End-Kits haben sogar 27 Prozent innerhalb eines einzigen Monats zugelegt.
Bei SSDs sieht es ähnlich düster aus. Zwar sind die Preissteigerungen hier noch moderater als bei RAM, aber die Tendenz ist eindeutig: Experten rechnen mit Anstiegen von 5 bis 15 Prozent bei Consumer-SSDs und bis zu 25 Prozent bei Enterprise-Modellen. Im vierten Quartal 2025 soll es nochmals richtig zur Sache gehen.
Und jetzt kommt der Hammer: Selbst klassische HDDs sind betroffen! Eine 20-TB-Toshiba-Festplatte, die Mitte 2024 noch für 290 Euro zu haben war, kostet jetzt beim günstigsten Anbieter 360 Euro, ein Anstieg von 25 Prozent. Für unter 300 bekommt man jetzt nur noch 12TB oder 14er. Bei manchen Server-Festplatten ist die Lage sogar noch viel dramatischer.
Der Hauptschuldige: Der KI-Boom
Die Antwort auf die Frage „Wer ist schuld?“ ist ziemlich eindeutig: Künstliche Intelligenz. Aber halt, bevor ihr jetzt sagt „Mein Gaming-PC braucht doch gar kein HBM-Speicher für KI-Beschleuniger!“ lasst mich erklären, warum ihr trotzdem die Zeche zahlt.
Die Produktionskapazitäten werden umgewidmet
Die drei großen Player am DRAM-Markt, Samsung, SK Hynix und Micron beherrschen über 90 Prozent der weltweiten Produktion. Und diese Hersteller haben in den letzten Monaten ihre Fertigungslinien massiv umgestellt. Der Grund? Die Nachfrage nach spezialisierten Speichertypen für KI-Anwendungen explodiert geradezu:
- HBM3/HBM4 (High Bandwidth Memory) für KI-Beschleuniger
- LPDDR5X für KI-Server und moderne Notebooks
- GDDR6/GDDR7 für leistungsstarke Grafikkarten
Das Problem dabei: Wenn die Produktionskapazitäten für diese lukrativen Highend-Produkte genutzt werden, bleibt weniger Platz für „normalen“ DDR4- und DDR5-Arbeitsspeicher. Das klassische Prinzip von Angebot und Nachfrage greift hier gnadenlos zu.
Konkrete Zahlen zur KI-Nachfrage
Die Dimensionen sind wirklich beeindruckend: Nvidias kommende GB200-Server sollen 288 GB HBM4-Speicher bekommen, AMDs MI450 sogar 432 GB. Allein für 2024 wird erwartet, dass KI-Anwendungen SSDs mit einer Gesamtkapazität von über 45 Exabyte (das sind 45 Millionen Terabyte!) verschlingen. Kein Wunder, dass da für uns normale Nutzer weniger übrig bleibt.
DDR4: Der stille Tod eines Standards
Besonders dramatisch ist die Situation bei DDR4-Speicher. Hier sprechen Marktforscher von Preissteigerungen um bis zu 45 Prozent im dritten und vierten Quartal 2025. Warum gerade DDR4 so extrem betroffen ist?
Die großen Hersteller haben bereits sogenannte „End-of-Life“-Meldungen verschickt. Das bedeutet: Die Produktion von DDR4 wird schrittweise eingestellt. Micron, Samsung und Co. wollen sich auf DDR5 konzentrieren und diese Umstellung geschieht nicht sanft, sondern mit der Brechstange.
Die Folge: Panikkäufe von Unternehmen, die noch auf DDR4 angewiesen sind. Server-Betreiber, Industriekunden und OEMs decken sich mit Vorräten ein, bevor die Verfügbarkeit komplett zusammenbricht. Zwischenzeitlich war DDR4 sogar teurer als DDR5. Eine absurde Situation, die zeigt, wie verzerrt der Markt gerade ist.
Zwar denken einige kleinere Hersteller darüber nach, die DDR4-Produktion fortzusetzen, aber das sind Tropfen auf den heißen Stein. Der Zug ist abgefahren.
Windows 10 Support-Ende als Brandbeschleuniger
Ein weiterer Faktor, der die Nachfrage anheizt: Im Oktober 2025 endet der Support für Windows 10. Das mag auf den ersten Blick nicht nach viel klingen, aber die Auswirkungen sind spürbar. Millionen von Nutzern und Unternehmen stehen vor der Entscheidung: Upgrade auf Windows 11 oder neuen PC kaufen?
Windows 11 hat bekanntlich höhere Hardwareanforderungen und viele nutzen die Gelegenheit gleich für ein komplettes System-Upgrade. Das bedeutet: Mehr Nachfrage nach DDR5-RAM, mehr Nachfrage nach schnellen NVMe-SSDs. Genau zum falschen Zeitpunkt.
Die Festplatten-Katastrophe: Ein Jahr Lieferzeit!
Jetzt wird es wirklich verrückt: Bei Server-Festplatten der Nearline-Klasse (kostenoptimierte HDDs für Rechenzentren) sprechen wir von Lieferzeiten bis zu einem Jahr, wenn jemand größere Mengen bestellen möchte. Ja, ihr habt richtig gelesen: ein ganzes Jahr!
Was ist passiert?
Die HDD-Hersteller haben in den letzten Jahren ihre Produktion massiv heruntergefahren. Der Grund? Die Nachfrage nach klassischen Festplatten sank stetig, weil immer mehr Nutzer auf SSDs umgestiegen sind. Die Festplattenproduktion wurde um bis zu 20 Prozent gekürzt, und die Fertigungskapazitäten wurden nicht erweitert.
Und dann kam der KI-Boom. Plötzlich brauchen Hyperscaler (große Cloud-Betreiber) gigantische Mengen an Speicherplatz für ihre neuen Rechenzentren. Besonders Inferenzserver auf denen fertig trainierte KI-Modelle laufen treiben die Nachfrage nach oben. Die Hersteller wurden von diesem Ansturm völlig überrascht.
Western Digital und Seagate schlagen Alarm
Beide großen HDD-Hersteller haben mittlerweile ihre Partner gewarnt: Die Preise steigen, und zwar sofort. Western Digital hat sogar angekündigt, mehr Festplatten per Seefracht statt per Flugzeug zu verschiffen das spart dem Konzern Geld, bedeutet aber Lieferzeiten von bis zu zehn Wochen aus Asien nach Europa oder in die USA.
Die Botschaft ist klar: Wer jetzt bestellt, muss nicht nur mehr zahlen, sondern auch deutlich länger warten.
Der Kaskadeneffekt auf SSDs
Hier wird es richtig interessant: Weil Server-HDDs so knapp sind, steigen Rechenzentrumsbetreiber vermehrt auf SSDs um, selbst für sogenannten Cold Storage, also die Langzeitspeicherung von Daten, bei denen die Geschwindigkeit von SSDs gar nicht benötigt wird.
Die Folge? Auch SSDs werden knapper. Sandisk hat die Preise für NAND-Flash-Bausteine bereits um 10 Prozent erhöht. Micron hat seine Preisinformationen eine Woche lang ausgesetzt, um neue Preise festzulegen, Erwartungen zufolge könnten diese um bis zu 30 Prozent steigen.
Das bedeutet konkret: Die Festplatten-Knappheit treibt die SSD-Preise zusätzlich nach oben. Ein perfekter Sturm für alle, die Speicherplatz brauchen.
Die globalen Faktoren: Geopolitik, Inflation und Naturkatastrophen
Neben der KI-Nachfrage gibt es noch weitere Faktoren, die die Preise treiben:
Produktionskürzungen
Nach Jahren des Überangebots und mieser Margen haben die Hersteller bewusst ihre Produktion gedrosselt. Samsung soll seine NAND-Flash-Produktion Ende 2023 um satte 50 Prozent reduziert haben. Das war eine strategische Entscheidung, um den Preisverfall zu stoppen und sie funktioniert perfekt. Für die Hersteller jedenfalls.
Geopolitische Spannungen
Taiwan ist das Herzstück der Chip-Produktion. Politische Spannungen in der Region, US-Handelsbeschränkungen und Zölle sorgen für zusätzliche Unsicherheit. Die Lieferketten sind fragil, und jede Störung schlägt sofort auf die Preise durch.
Naturkatastrophen
Im Januar 2024 zerstörte ein Erdbeben in Taiwan rund 60.000 Wafer bei TSMC. Solche Ereignisse mögen zufällig sein, aber sie verschärfen die ohnehin angespannte Angebotssituation zusätzlich.
Inflation und Energiekosten
Die allgemeinen Produktionskosten steigen ebenfalls. Höhere Energiepreise, Inflation und gestiegene Lohnkosten werden von den Herstellern an die Endkunden weitergegeben. Das ist vielleicht nicht der Haupttreiber, aber es kommt obendrauf.
Ein „historischer“ Engpass – sagt die Branche selbst
Simon Chen von Adata, der seit 30 Jahren in der Speicherbranche tätig ist, hat sich kürzlich zu Wort gemeldet: Er spricht von einem „historischen“ Engpass, wie er ihn in seiner gesamten Karriere noch nicht erlebt habe. Das will was heißen.
Zum ersten Mal seien „gleichzeitig Engpässe bei DDR4, DDR5, NAND und HDD“ zu beobachten. So etwas hat es noch nie gegeben. Die Lagerbestände der Hersteller reichen nur noch für wenige Wochen statt Monate -> ein extrem alarmierendes Zeichen.
Chen warnt, dass diese Knappheit „mindestens vier Jahre oder länger anhalten wird“, solange der KI-Boom unvermindert weitergeht. Andere Experten sind etwas optimistischer und sprechen von einer möglichen Entspannung ab 2026, aber niemand rechnet mit einer schnellen Lösung.
Wie lange wird dieser Wahnsinn anhalten?
Die unbequeme Wahrheit: Wahrscheinlich noch eine ganze Weile. TrendForce prognostiziert für Q4 2025 weitere Preissteigerungen:
- Konventioneller DRAM: +8 bis 13 Prozent
- HBM: +13 bis 18 Prozent
- DDR5: weiterhin angespannt
- LPDDR4X: +10 Prozent
- Client-SSDs: +3 bis 8 Prozent
- Enterprise-SSDs: +10 bis 25 Prozent
- HDDs: Preiserhöhungen und lange Lieferzeiten
Die Marktforscher erwarten, dass die Hersteller ab Anfang 2026 verstärkt auf HBM4 umsteigen, was die Versorgung mit normalem DDR5-RAM weiter reduzieren könnte.
Endkunden noch (teilweise) verschont
Eine kleine gute Nachricht: Bei SSDs betreffen die krassesten Preissteigerungen derzeit vor allem hochkapazitive QLC-Bausteine (Quadruple Level Cells) für Server. Consumer-SSDs mit TLC-Chips (Triple Level Cells) sind noch etwas günstiger zu haben, zumindest im Moment.
Aber: Wenn Hersteller ihre Produktion verstärkt auf lukrative Servermodelle umstellen, gehen weniger HDDs und SSDs in den Einzelhandel. Das würde auch Consumer-Produkte treffen.
Was könnt ihr jetzt tun?
Die Empfehlung ist eindeutig: Wenn ihr ein Upgrade plant, wartet nicht länger. Die Preise werden weiter steigen, nicht fallen. Das ist keine Panikmache, sondern schlicht die Realität.
Konkrete Tipps:
- Jetzt kaufen, wenn nötig: Braucht ihr wirklich mehr RAM, eine neue SSD oder eine zusätzliche Festplatte? Dann zuschlagen, bevor es noch teurer wird.
- Auf Angebote achten: Auch wenn die Grundpreise steigen, gibt es immer mal wieder Aktionen. Preisvergleichsseiten sind euer Freund.
- DDR4-Systeme überdenken: Wer noch auf DDR4 setzt und upgraden will, sollte sich überlegen, ob ein kompletter Wechsel auf DDR5 nicht sinnvoller ist. DDR4 wird immer schwerer verfügbar und relativ immer teurer.
- Kapazität clever wählen: Lieber jetzt in ausreichend Kapazität investieren, statt später nochmal nachkaufen zu müssen – zu noch höheren Preisen.
- Gebrauchthardware als Alternative: Der Second-Hand-Markt könnte interessant werden, wobei auch hier die Preise anziehen dürften.
- Bei Festplatten vorausschauend planen: Wenn ihr ein NAS aufbauen oder erweitern wollt, tut es jetzt. Die Lieferzeiten und Preise werden sich weiter verschlechtern.
Gibt es einen Lichtblick?
Langfristig ja. Neue Fertigungswerke von Samsung, SK Hynix und Micron sollen 2026 den Betrieb aufnehmen. Chinesische Hersteller wie ChangXin Memory Technologies (CXMT) bauen ihre Kapazitäten aus und könnten für mehr Wettbewerb sorgen. Aber bis dahin müssen wir durch diese Phase durch.
Der typische „Schweinezyklus“ am Speichermarkt (also das Wechselspiel zwischen Überangebot und Knappheit) wird durch den KI-Boom gerade komplett durcheinandergebracht. Die Regeln, die jahrzehntelang galten, gelten momentan nicht mehr.
Fazit: Der perfekte Sturm trifft ALLE Speichertypen
Was wir gerade erleben, ist das Zusammentreffen mehrerer ungünstiger Faktoren – und zum ersten Mal in der Geschichte der Speicherindustrie sind alle Speichertypen gleichzeitig betroffen:
- KI-Boom sorgt für massive Nachfrage nach Highend-Speicher und Massenspeicher für Rechenzentren
- Produktionsumstellung von DDR4 auf DDR5 und von normalem DRAM auf HBM
- Bewusste Kapazitätskürzungen der Hersteller zur Preisstabilisierung nach Jahren mieser Margen
- HDD-Hersteller völlig überrascht von der plötzlichen Nachfrage und unfähig, schnell zu reagieren
- Kaskadeneffekt: Festplatten-Knappheit treibt SSD-Nachfrage, was deren Preise zusätzlich erhöht
- Windows 10 Support-Ende erhöht die PC-Nachfrage
- Geopolitische Unsicherheit und Lieferkettenprobleme
- Allgemeine Inflation und steigende Produktionskosten
Für uns als Endkunden ist das ärgerlich. Für die Hersteller ist es ein Traum, nach Jahren magerer Margen verdienen sie endlich wieder richtig Geld. Und solange die KI-Industrie weiterhin Milliarden in neue Rechenzentren pumpt, wird sich daran auch nichts ändern.
Die Botschaft ist klar: Die Ära des billigen Speichers ist vorerst vorbei! Durch die Bank bei RAM, SSDs und Festplatten. Plant eure Upgrades mit Bedacht und schlagt zu, wenn ihr wirklich etwas braucht. Denn billiger wird es so schnell nicht mehr.
TL:DR – Die wichtigsten Takeaways:
RAM-Preise: +20 bis 60 Prozent (DDR5), teilweise noch mehr bei DDR4
SSD-Preise: +5 bis 25 Prozent je nach Typ, Tendenz steigend
HDD-Preise: +15 bis 25 Prozent, bei Server-HDD bis zu ein Jahr Lieferzeit
Ursache: KI-Boom + Produktionskürzungen + gleichzeitige Engpässe bei allen
Prognose: Besserung frühestens 2026, möglicherweise erst in 4-10 Jahren
Handlungsempfehlung: Jetzt kaufen, wenn ihr etwas braucht!