Die Verbraucherschützer legen nach: Zusätzlich zur laufenden Sammelklage verklagt die Verbraucherzentrale Sachsen Amazon jetzt auf satte 1,8 Milliarden Euro. Der Grund? Die nervige Werbung in Prime Video, die seit Februar 2024 plötzlich eure Filme und Serien unterbricht.
Was ist das Problem?
Ihr erinnert euch sicher: Seit 5. Februar 2024 müsst ihr euch bei Prime Video durch Werbespots quälen, mitten in euren Lieblingsserien und -filmen. Wer das nicht will, zahlt 2,99 Euro extra pro Monat. Amazon hat euch zwar über die Änderung informiert, aber eure Erlaubnis?
Fehlanzeige. Die Verbraucherschützer sagen klar: Das ist rechtswidrig.
Zwei Klagen gleichzeitig
Die Verbraucherzentrale fährt jetzt zweigleisig:
Die Sammelklage von 2024 läuft bereits mit über 123.000 Teilnehmern (Stand: Dezember 2024). Allerdings sind das bei geschätzt 17 Millionen betroffenen Prime-Kunden in Deutschland immer noch nur ein Bruchteil.
Die neue Gewinnabschöpfungsklage (übrigens die erste ihrer Art nach neuem Recht in Deutschland) soll jetzt alle unrechtmäßigen Gewinne von Amazon einfordern. Die Summe über drei Jahre: mindestens 1,8 Milliarden Euro.
Was springt für euch raus?
Falls die Klage erfolgreich ist (und die Experten sind da wohl zuversichtlich) könnt ihr mit einer ordentlichen Entschädigung rechnen:
- Mindestens 2,99 Euro pro Monat, so viel verlangt Amazon selbst für werbefreies Streaming
- Möglicherweise sogar die Hälfte der Abo-Gebühren (4,50 Euro monatlich bzw. 44,95 Euro jährlich), wenn ihr das Werbe-Zusatzabo nicht abgeschlossen habt
Falls Amazon verliert, läuft das so ab: Zuerst werden die Sammelkläger entschädigt. Was dann übrig bleibt, geht an den deutschen Staat. Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen betont: „Je mehr Menschen sich der Sammelklage anschließen, desto mehr muss Amazon direkt an die Kundschaft zurückzahlen.“
Könnt ihr noch mitmachen?
Auf jeden Fall! Ihr könnt euch jederzeit der Sammelklage anschließen, wenn ihr euren Prime-Vertrag vor dem 5. Februar 2024 abgeschlossen habt. Das gilt auch, wenn ihr das Abo inzwischen gekündigt habt oder das Werbe-Zusatzabo abgeschlossen habt.
So meldet ihr euch an:
- Geht zum Online Formular Sammelklage | Bundesamts für Justiz |
- Tragt unter „VI. Gegenstand und Grund des geltend gemachten Anspruchs“ sinngemäß ein:
„Ich bin seit [Monat/Jahr oder ‚längerem‘] Amazon-Prime-Abonnent. Für die Anmeldung benutze ich die E-Mail-Adresse [eure@email.de]. Das Angebot von Amazon, gegen Zahlung von 2,99 Euro pro Monat auch über den 5. Februar 2024 hinaus Amazon Prime-Serien und -Filme ohne Werbeeinblendungen schauen zu können habe ich [nicht] angenommen. Ich bin der Meinung, dass die Änderung der Bedingungen rechtswidrig war und fordere Erstattung zu Unrecht kassierter Beiträge und Herausgabe etwaiger ungerechtfertigter Bereicherungen.“
Die Verbraucherzentrale Sachsen hilft euch beim korrekten Ausfüllen.
Wie lange habt ihr Zeit?
Ihr könnt euch bis drei Wochen nach der mündlichen Verhandlung anmelden,- und die wird voraussichtlich erst in etwa einem Jahr stattfinden. Also: keine Eile, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben!
Gibt es Risiken?
Theoretisch ja, praktisch nein. Wenn die Klage abgewiesen würde, wärt ihr als Teilnehmer an das Urteil gebunden. Die Experten von Stiftung Warentest halten es aber für „praktisch ausgeschlossen“, dass Teilnehmer Rechte verlieren. Und solltet ihr es euch anders überlegen: Eine Abmeldung ist bis drei Wochen nach der mündlichen Verhandlung möglich.
Profis am Werk
Die Verbraucherzentrale hat sich für den langen Kampf gut aufgestellt: Die internationale Kanzlei Hausfeld übernimmt die Prozessführung, Burford Capital finanziert die Klage. „Dadurch sind wir mit Amazon auf Augenhöhe und für eine jahrelange Auseinandersetzung vor den Gerichten fachlich wie finanziell gerüstet“, betont Michael Hummel. „Wer Verbraucherrechte in diesem Ausmaß verletzt, muss mit uns rechnen.“
Wie lange dauert das Ganze?
Ehrlich gesagt: Das lässt sich schwer vorhersagen. Zuständig ist das Bayerische Oberste Landesgericht, und nach einem Urteil kann noch Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt werden. Die Verbraucherschützer rechnen mit mehreren Jahren. Aber die bisherigen Erfolge gegen Netflix, Spotify und Amazon bei ähnlichen Fällen stimmen optimistisch.
Warum zahlt Amazon so viel für Werbung?
Amazon weiß über euch als Kunden sehr viel, was ihr kauft, wofür ihr euch interessiert. Die Werbung, die euch eingeblendet wird, ist also höchst zielgerichtet. Und solche personalisierten Werbeeinblendungen lässt sich Amazon vermutlich sehr gut bezahlen. Wie viel genau, verrät das Unternehmen nicht. Aber die 1,8 Milliarden Euro Schätzung sprechen Bände.
Quellen: VZ Sachsen | test.de | golem.de | heise.de