Die Grafikdesign-Welt bebt: Canva verschenkt seine professionelle Grafik-Suite Affinity und fordert damit Platzhirsch Adobe heraus.
Was hinter dieser strategischen Bombe steckt und was die kostenlose Alternative wirklich draufhat sehen wir uns heute mal bissl näher an.
Ein mutiger Schachzug gegen das Abo-Modell
Am 31. Oktober 2025 hat Canva eine Nachricht rausgehauen, die in der Kreativbranche für ordentlich Wirbel sorgt: Die 2024 übernommene Grafik-Suite Affinity wird ab sofort vollständig kostenlos angeboten. „Für immer“, wie das Unternehmen ausdrücklich betont. Dieser Schritt ist nicht weniger als eine Kampfansage an Adobe, dessen Creative Cloud seit Jahren die Branche dominiert, allerdings ausschließlich über kostenpflichtige Abonnements, die euch Monat für Monat zur Kasse bitten.
Die Botschaft ist glasklar: Während Adobe-Nutzer monatlich tief in die Tasche greifen müssen, um Zugang zu Photoshop, Illustrator und InDesign zu erhalten, bietet Canva nun eine vollwertige Alternative ohne wiederkehrende Kosten an. Das ist ungefähr so, als würde Netflix plötzlich kostenlos werden – nur eben für Designer.
Drei Profi-Programme in einer Anwendung
Besonders spannend ist die neue Struktur von Affinity: Canva hat die drei bisher eigenständigen Programme Affinity Photo (Bildbearbeitung), Affinity Designer (Vektordesign) und Affinity Publisher (Layout und Publishing) in einer einzigen, nahtlos integrierten Anwendung zusammengeführt.
Das bedeutet konkret:
Affinity Photo tritt als Alternative zu Adobe Photoshop an und bietet professionelle Bildbearbeitungsfunktionen für Fotografie und digitale Kunst.
Affinity Designer konkurriert mit Adobe Illustrator und ermöglicht präzise Vektorarbeiten für Logos, Icons und Illustrationen.
Affinity Publisher fordert Adobe InDesign heraus und deckt den Bereich Layout und Publishing für Magazine, Bücher und Broschüren ab.
Der Clou: Ihr könnt über ein Menü am oberen Bildschirmrand jederzeit zwischen diesen drei Modi wechseln, ohne die Anwendung zu verlassen oder zwischen verschiedenen Programmen hin und her zu springen. Diese Integration ermöglicht einen deutlich flüssigeren Workflow als bei Adobe, wo ihr jede Anwendung separat öffnen müsst – und nebenbei euren RAM zum Glühen bringt.
Alte Hasen finden sich sofort zurecht
Hier kommt die gute Nachricht für alle, die in den letzten zehn Jahren schon mal mit Affinity Designer oder sogar noch mit dem Vorgänger DrawPlus gearbeitet haben: Ihr werdet euch in der neuen vereinten Affinity-App sofort wie zu Hause fühlen. Die Entwickler haben die bewährte Bedienphilosophie beibehalten, die Affinity schon immer ausgezeichnet hat.
Wer sich noch an DrawPlus erinnert (ja, das gute alte Programm von Serif, das damals schon eine Budget-Alternative zu Illustrator war, ähnlich wie Inkscape) der wird viele vertraute Konzepte wiedererkennen. Die Werkzeugpalette, die Ebenenstruktur, die Art und Weise, wie Vektorpfade bearbeitet werden: All das fühlt sich vertraut an, wurde aber natürlich über die Jahre deutlich verfeinert und modernisiert.
Für langjährige Affinity-Nutzer ist es wie ein Wiedersehen mit einem alten Freund, der zwischenzeitlich ein Komplettmakeover hatte, aber im Kern immer noch derselbe geblieben ist. Nur dass dieser Freund jetzt plötzlich alles kann: Vektoren, Pixel und Layouts – und das alles kostenlos.
Kompatibilität als Brückenbauer
Canva weiß genau, dass viele von euch jahrelang mit Adobe-Software gearbeitet und entsprechende Dateien angesammelt haben. Deshalb unterstützt Affinity neben gängigen Standardformaten auch die wichtigsten Adobe-Dateitypen:
- PSD (Photoshop-Dokumente)
- AI (Illustrator-Dateien)
- IDML (InDesign-Format)
Diese Kompatibilität senkt die Hürde für einen Wechsel erheblich. Eure bestehenden Projekte lassen sich problemlos in Affinity öffnen und weiterbearbeiten, ohne dass ihr mühsame Konvertierungsprozesse durchlaufen oder Datenverluste befürchten müsst. Kein Drama mehr mit „Datei konnte nicht geöffnet werden“ – das kennen wir doch alle zur Genüge.
Das Geschäftsmodell: Kostenlos, aber nicht ohne Haken
Natürlich verschenkt auch Canva seine Software nicht aus reiner Nächstenliebe. Das Geschäftsmodell setzt auf einen Freemium-Ansatz: Während die Kernfunktionen der Grafik-Suite dauerhaft kostenlos bleiben, sind KI-gestützte Features kostenpflichtig und nur mit einem Abonnement zugänglich.
Zu den Premium-KI-Funktionen gehören:
- Generatives Ausfüllen von Bildbereichen
- Automatische Hintergrundentfernung
- KI-gestützte Bildbearbeitung und Optimierung
Für viele professionelle Anwender dürften diese KI-Features durchaus interessant sein, allerdings ist ihre Nutzung optional. Wer auf diese Funktionen verzichten kann oder möchte, erhält ein vollwertiges Grafikprogramm ohne jegliche Kosten. Ehrlich gesagt: Die meisten von uns haben jahrelang ohne KI-Schnickschnack gearbeitet und tolle Designs erstellt – das geht auch weiterhin.
Verfügbarkeit und Systemanforderungen
Zum Start ist Affinity für Windows und macOS verfügbar. Eine iPad-Version ist angekündigt, ein konkreter Veröffentlichungstermin steht allerdings noch aus. Diese mobile Variante dürfte besonders für euch interessant sein, wenn ihr gerne mit dem Apple Pencil arbeitet und unterwegs kreativ sein wollt.
Die einzige Voraussetzung für die Nutzung ist ein kostenloses Canva-Konto, für das ihr lediglich eine E-Mail-Adresse benötigt. Weitere persönliche Daten müsst ihr nicht angeben! Keine Kreditkarte, kein Kleingedrucktes, keine bösen Überraschungen.
Was bedeutet das für Adobe?
Dieser Schritt von Canva setzt Adobe massiv unter Druck. Das Unternehmen aus San José hat sein Geschäftsmodell vor Jahren komplett auf Abonnements umgestellt, eine Entscheidung, die bei vielen von euch nicht gerade auf Gegenliebe stieß. Erinnert ihr euch noch an den Aufschrei, als Adobe 2013 ankündigte, dass es Creative Suite 7 die letzte Version zum Einzelkauf sein würde? Das Internet hat quasi kollektiv aufgeschrien.
Mit Affinity bietet Canva nun genau das, was viele schon lange fordern: Eine professionelle Grafiklösung ohne monatliche Gebühren. Adobe wird reagieren müssen, will es nicht Marktanteile an den aufstrebenden Konkurrenten verlieren. Möglich wären preisliche Anpassungen, neue kostenlose Einstiegsangebote oder eine verstärkte Innovation bei den KI-Funktionen.
Für wen eignet sich Affinity?
Die kostenlose Affinity-Suite richtet sich an verschiedene Zielgruppen:
Einsteiger und Hobbydesigner findet ihr hier eine niedrigschwellige Möglichkeit, professionelle Grafikbearbeitung zu erlernen, ohne monatliche Kosten befürchten zu müssen.
Studierende und Bildungseinrichtungen können die Software ohne Lizenzkosten einsetzen und so mehr Budget für andere Bereiche freihalten – oder für Pizza am Abgabetag, was vermutlich realistischer ist.
Freelancer und kleine Agenturen, die ihre Betriebskosten senken möchten, erhalten eine echte Alternative zu Adobe – insbesondere, wenn ihr auf KI-Features verzichten könnt. Jeder gesparte Euro zählt, gerade wenn ihr gerade erst durchstartet.
Wechselwillige Adobe-Nutzer, die das Abo-Modell satt haben, bekommen eine realistische Exit-Strategie mit voller Kompatibilität zu euren bestehenden Dateien. Endlich könnt ihr Adobe die kalte Schulter zeigen, ohne beruflichen Suizid zu begehen.
Ehemalige DrawPlus- und Affinity-Veteranen werden sich freuen: Ihr kennt die DNA dieser Software bereits und könnt sofort loslegen, ohne euch erst mühsam einarbeiten zu müssen.
Fazit: Ein Wendepunkt für die Kreativbranche?
Canvas Entscheidung, Affinity kostenlos anzubieten, könnte tatsächlich ein Wendepunkt in der Geschichte der Grafikdesign-Software sein. Nach Jahren, in denen Adobe den Markt nahezu konkurrenzlos beherrschte, gibt es nun eine ernstzunehmende Alternative ohne Abo-Zwang.
Ob diese Strategie aufgeht, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Entscheidend wird sein, wie gut Affinity in der Praxis funktioniert und ob Canva genügend von euch für die kostenpflichtigen KI-Features gewinnen kann, um das Geschäftsmodell profitabel zu gestalten.
TL:DR
Für euch als Anwender ist die Sache klar: Ihr profitiert von mehr Auswahl und niedrigeren Kosten. Und das ist am Ende das, was wirklich zählt. Gerade in Zeiten, in denen gefühlt JEDE Software auf ein Abo-Modell umstellt, ist das ein erfrischender Gegenentwurf.
Download: Affinity ist ab sofort kostenlos auf der Canva-Website verfügbar. Alles, was ihr braucht, ist ein kostenloses Canva-Konto.